Beschuldigungen zurückweisen
Mir wurde vor einer Weile von einem Freund, mit dem ich eine gemeinsame Reise geplant hatte, vorgeworfen, dass ich mich nicht eindeutig zum gemeinsamen Urlaub geäußert habe und der Urlaub deswegen nicht stattfinden kann. Der Freund hatte insoweit recht, dass ich mir erst einige Informationen bzgl. des Reiseziels einholen wollte, bevor ich mich final entscheide. Das hatte ich bis dato noch nicht getan. Trotzdem war ich von der Absage und der Begründung überrascht. Bis heute konnte ich die dahinterliegende Problematik leider noch nicht wirklich klären – vielleicht kommt das ja noch. Hatte ich Schuld? Oder ist die Schuldfrage hier per se ein falscher Ansatz?
Schuld als Strategie
Ein Modell, was ich in solchen Situationen gerne nutze, ist das Drama-Dreieck. Dieser aus der Transaktionsanalyse kommende Ansatz beschreibt typische Beziehungsmuster, in der die Partner nicht auf Augenhöhe sind. Es wird zwischen den Rollen des Verfolgers, des Retters und des Opfers hin- und her gewechselt. Das sich dadurch ergebende typische Verhalten wird auch als Spiel bezeichnet – es geht den Spielern gar nicht darum, das Problem zu lösen, sondern echte Verantwortung und Anerkennung des anderen zu vermeiden. Jemandem die Schuld geben, dient dann der eigenen Entlastung.
Eines meiner „Lieblingsspiele“ ist: Hab ich dich, du Schweinehund! Dieses Spiel lässt sich gut spielen, wenn es keine eindeutigen Vorgaben gibt – der Verfolger kann dann immer so tun, als ob es diese Vorgaben doch geben würde, diese aber z.B. so selbstverständlich sind, dass darüber nicht gesprochen werden musste. Gerne werden dann Beschwerden mit „das ist doch selbstverständlich“, „das haben wir schon immer so gemacht“, „ihr Kollege XY macht das aber“ etc. vorgebracht – ich gehe jetzt mal davon aus, dass der Angesprochene initial selbst nicht spielt, indem er z.B. in die Opferrolle gegangen ist, z.B. mit dem Spiel „Holzbein“ (Schau nur, was ich für eine Beeinträchtigung habe, sodass ich gar keine Verantwortung für mein Tun übernehmen kann).
Auf Spiele reagieren
Eigentlich kann man auf alle Spiele ähnlich reagieren:
- Mitspielen – ich lasse mich in die Rolle des Schuldigen drängen, weil ich einsehe, dass auch ich in der Verantwortung bin. Ist auch eine Frage der Kosten, die man für diese Rollenzuweisung zahlen muss. Evtl. kann ich souverän ein Stück Verantwortung übernehmen – der andere ist glücklich, mich hat es nicht zu viel gekostet und ein Konflikt wird vermieden. Man selbst übernimmt keine Schuld, sondern Verantwortung.
- Komplementär spielen – ich spiele zurück und übernehme keine Verantwortung. Du willst, dass ich für den miesen Ausgang des Projekts XY schuld bin – aber ich hatte gar keine Möglichkeit (Opferrolle) und es ist allein deine Schuld (Verfolgerrolle).
- Thema wechseln – ach komm, lass uns lieber über das schöne Wetter reden. Verschiebt das Problem, eventuell auf einen günstigeren Zeitpunkt.
- Dem anderen die Verantwortung zuweisen, die er im Prozess hat – und selbst zur eigenen Verantwortung stehen. Das wäre der Königsweg, erfordert aber von meinem Gegenüber den Willen, aus dem Drama-Dreieck auszusteigen.
Beschuldigungen – wenn sie nicht gerechtfertigt sind – dienen also oft dazu, um den „Verfolger“ in seiner Position zu stärken. Man sollte sich davon nicht beeinflussen und auch nicht einschüchtern lassen.
Schuld vs. Verantwortung
Um auf Augenhöhe zu kommen kann man ein anderes Modell der Transaktionsanalyse zugrunde legen: Ich bin ok – du bist ok. D.h. auch: wir haben alle die gleichen Rechte und haben beide Verantwortung. Wenn man es schafft, dass alle Beteiligten sich in diesem Prozess als ok ansehen, ist schon viel gewonnen!
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